Das Faro-Rahmenübereinkommen als Leitfaden
Der Bewahrung und Erforschung von kulturellem Erbe gebührt angemessener Platz im neu entstehenden Kulturleitbild. Das Rahmenübereinkommen des Europarates über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft („Faro-Rahmenübereinkommen“) wurde von Österreich im Jahr 2014 unterzeichnet und 2015 ratifiziert. Darin wird das Kulturerbe in seiner materiellen, immateriellen und digitalen Form als eine der wichtigsten kulturellen, sozialen und ökonomischen Ressourcen Europas definiert. Folgende wichtige Punkte aus dem Faro-Übereinkommen sollten daher auch im OÖ. Kulturleitbild enthalten sein: Das Kulturerbe gehört uns allen! Es soll für alle Menschen zugänglich sein und dient als Basis für gesellschaftlichen Zusammenhalt, kulturelle Vielfalt und interkulturellen Dialog. Forschung und Innovation sollen auch auf das kulturelle Erbe gerichtet sein. Die Erhaltung des Kulturerbes leistet einen Beitrag zur Förderung der Wirtschaft (Baumaßnahmen, Handwerk, Tourismus etc.).
Schaffung von Rahmenbedingungen zur erfolgreichen Umsetzung
Es ist daher unumgänglich, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese Punkte umgesetzt und die Forderungen des Faro-Übereinkommens erfüllt werden können. Das Bewusstsein für und der Stolz auf das eigene kulturelle Erbe sollen in der Bevölkerung geweckt und vertieft werden. Dies ist nur durch die kontrollierte Einbindung der Zivilgesellschaft möglich. Durch den Erhalt des kulturellen Erbes soll – in Kombination mit einer durchdachten und konsequenten Raumplanung – die Zerstörung sowohl der historisch gewachsenen Ortsbilder als auch der archäologischen Bodendenkmäler verhindert werden. Dies ermöglicht den Erhalt unserer Kulturlandschaft und damit eines Umfelds mit hoher Lebensqualität auch für die folgenden Generationen.
Das Land Oberösterreich kann in vielen Punkten Beiträge zur Gestaltung dieser Rahmenbedingungen leisten:
- Kulturelles Erbe soll als „Lust“, nicht als „Last“ empfunden werden. Bewusstseinsbildung geschieht über „top-down“, also über die Art und Weise, wie vonseiten der Landesregierung zu diesem Thema kommuniziert bzw. vonseiten der Institutionen Forschung vermittelt wird, aber auch über „bottom-up“-Projekte, bei denen Initiativen aus der Bevölkerung (fachlich und finanziell) unterstützt werden.
- Innovation und Forschung im Bereich „Kulturelles Erbe“ sind zu begrüßen und auch zu fördern; an einer Erhöhung der institutionellen Budgets und der Budgets für Fördermaßnahmen wird kein Weg vorbeiführen. Unbedingt notwendig ist – in Zeiten projektorientierter Forschungsförderung – die Schaffung einer Finanzierungsgrundlage für die Erarbeitung von Anträgen für Forschungsprojekte mit Oberösterreich-Bezug.
- Um das kulturelle Erbe nachhaltig zu schützen und bewahren zu können, ist seine Erfassung unerlässlich. Oberösterreich muss die Möglichkeit einer flächendeckenden Erhebung seiner Kulturdenkmäler jetzt nutzen, da in wenigen Jahren aufgrund des derzeit stark steigenden Flächenverbrauchs und der zunehmenden Zerstörung historischer Bausubstanz mit einer erheblichen Dezimierung zu rechnen ist. Die Erstellung eines digitalen, öffentlich zugänglichen Kulturgüterkatasters für Oberösterreich muss daher dringend vorangetrieben und seitens des Landes maßgeblich und langfristig unterstützt werden.
- Im Kulturbereich Tätige sollen in kulturpolitische Entscheidungsprozesse einbezogen werden.
Schnittstelle Landeskunde und Denkmalpflege
Um die oben genannten Punkte umsetzen zu können, wäre eine Schnittstelle im Bereich der Landeskunde und Denkmalpflege erforderlich. Sie könnte als Koordinationsstelle und Ansprechpartner für landeskundlich orientierte Vereine, ARGEs und ähnliche Institutionen dienen. Diese wäre als Anlaufstelle für Forschungsvorhaben mit Oberösterreich-Bezug, zur Unterstützung bei Themenvergabe bzw. entsprechender Kontaktvermittlung, unerlässlich. Eine solche „Schnittstelle Landeskunde und Denkmalpflege“ würde ein hohes fachliches Niveau der geleisteten ehrenamtlichen Tätigkeiten garantieren, Doppelgleisigkeiten verhindern, die Dissemination der Ergebnisse in digitaler und analoger Form sicherstellen und als Kooperationspartner der in (oder zumindest teilweise in) landeskundlichen Bereichen agierenden Landesinstitutionen bzw. Dachverbänden (OÖLA, OÖLM, Stifterinstitut, Verbund OÖ. Museen, Forum Volkskultur bzw. Akademie der Volkskultur etc.) agieren.